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Interview mit Lars Reiner vom Robo-Advisor Ginmon

Der Robo-Advisor Ginmon aus Frankfurt gehört zu den ersten und mittlerweile auch den beliebtesten Robo-Advisor in Deutschland. Inzwischen verwaltet der digitale Vermögensverwalter über 300 Millionen Euro an Kundengeldern.

Wir haben uns dazu entschieden, einen Blick hinter die Kulissen von Ginmon zu werfen und gemeinsam mit dem CEO Lars Reiner ein Interview geführt.

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Hallo Lars, danke, dass du das Interview mit uns machst. Kannst du dich und deine Rolle bei Ginmon kurz vorstellen?

Hallo, ich bin Lars Reiner, Gründer und CEO von Ginmon. 

Mit dem Bereich Vermögensverwaltung beschäftige ich mich schon seit 2008 sehr intensiv. Damals war ich Vorstand des Goethe Investment Fund e.V. und arbeitete wissenschaftlich fundierte Anlagekonzepte für das Stiftungsvermögen der Goethe-Universität Frankfurt aus. 

Während meiner anschließenden Tätigkeit als Managementberater bei der Deutschen Bank häuften sich die Anfragen von Freunden und Bekannten nach einer sinnvollen Geldanlage. So habe ich 2014 die Ginmon Vermögensverwaltung GmbH ins Leben gerufen und die Idee eines wissenschaftlich fundierten Anlagekonzepts mithilfe einer modernen Technologieplattform in die Tat umgesetzt. 

Inzwischen verwalten wir bei Ginmon erfolgreich ein Vermögen von über 300 Mio. EUR für über 12.000 zufriedene Kunden und wurden in Fachpublikationen bereits mehrfach ausgezeichnet.

Kurzbiografie von Lars Reiner

Lars ist CEO beim Robo-Advisor von Ginmon. Vor seiner Zeit als Gründer von Ginmon war Lars Reiner bei der Deutschen Bank als Management-Berater tätig. Dort leitete er verschiedene Projekte, unter anderem im Privatkundengeschäft der Deutschen Bank.

Lars hat an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main Wirtschaftswissenschaften studiert.

Mittlerweile existieren mehr als 45 digitale Vermögensverwalter (Robo-Advisor) in Deutschland. Wie unterscheidet ihr euch von Scalable Capital, Growney und den anderen Anbietern?

Zunächst möchten wir einmal feststellen, dass die oft genutzte Begrifflichkeit Robo-Advisor nicht für alle Anbieter treffend ist. Der Begriff Robo-“Advisor” entstammt einer Zeit, in der Kunden eine algorithmus basierte ETF Anlage-“Empfehlung” erhalten haben. Heutzutage hat sich die Leistung vieler Anbieter vom “Advisor” zum digitalen Vermögensverwalter, der komplette Anlage-Portfolien anbietet, deutlich weiterentwickelt.

Worin unterscheidet sich Ginmon von anderen Anbietern? Es sind vor allem das Anlagekonzept, unser Risikomanagement sowie unsere langfristigen Ergebnisse. Unser Anlage-Konzept basiert auf einem weitreichend kapitalmarkwissenschaftlichen Ansatz, in dem Erkenntnisse von Nobelpreisträgern eingegangen sind. Das bedeutet, dass unser Anlagekonzept weit über die im Markt oft genutzte, einfache Verteilung in Anlageklassen und Geografie (Diversifikation) hinausgeht.

Ginmons Anlage-Strategie ist eher mit hochprofessionellen oder institutionellen Anlage-Strategien vergleichbar. Wir nutzen ein sogenanntes Faktor-Investing, das gleichzeitig Diversifikation, antizyklisches Investing und unterbewertete Value-Aktien beinhaltet, wodurch wissenschaftlich nachgewiesen, langfristig die besten Ergebnisse erzielt werden. 

Unser Risikomanagement basiert auf einem schwellen basierten Rebalancing, so wie man es zum Beispiel vom norwegischen Pensionsfonds kennt. Als Ergebnis zeigt sich das nicht nur in Rankings bei langfristigen Performance-Vergleichen (z.B. FAZ oder Handelsblatt), sondern auch in der Meinung unserer Kunden – hier gehören wir mit z.B. bei Google (4,7/5) oder Trustpilot (4,3/5) zu den bestbewerteten Anbietern im Markt.

Bei Ginmon setzt ihr im Vergleich zu vielen anderen Robo-Advisor auf ein aktives Risikomanagement. Wie können wir uns das in der Praxis vorstellen? Lohnt sich der aktive Ansatz?

Unser Risikomanagement basiert auf einem sogenannten schwellen-basierten Rebalancing. Das heißt, dass die Gewichtungen der Anlagebausteine innerhalb festgelegter Schwellen schwanken dürfen. Die Portfolios unserer Kunden haben also Luft zum Atmen. Sollten diese Schwellen verletzt werden, setzt unser Algorithmus die Portfolio-Allokation wieder auf den Zielwert zurück. 

Dies wird automatisch täglich von unserem Algorithmus überprüft. Hierbei orientieren wir uns an den Best Practices des norwegischen Staatsfonds. Dies geschieht nicht nur in Krisen-, sondern auch in Boom-Zeiten. Das hat den Vorteil, dass antizyklisch gehandelt wird. 

In Zeiten großer Übertreibung an den Kapitalmärkten – wie z.B. zu Beginn der 2000er während des Internetbooms – werden zu hoch bepreiste Anlagen abgebaut. Dadurch wird schon vor einem eventuellen Crash sichergestellt, dass der Crash dem Portfolio weniger anhaben kann. In Krisenphasen baut unser Algorithmus hingegen zu niedrig bepreiste Anlagen wieder auf. 

Dadurch wird sichergestellt, dass unsere Kunden auch davon profitieren, wenn die Aktienkurse sich wieder drehen. Dieser antizyklische Ansatz hat z.B. im Corona-Crash sehr gut funktioniert, als wir nahe dem Tiefpunkt wieder in risikobehaftete Anlageklassen investiert haben.

Wie genau entwickelt hat sich eure Performance z.B. im direkten Vergleich mit VAR-Risikomodellen (Scalable Capital) in den vergangenen Jahren entwickelt?

Unser regelbasierter – damit nicht von menschlichen Emotionen gesteuerter –
Risikomanagement-Ansatz unterscheidet sich grundsätzlich von VAR-Modellen. Schwellen-basiertes Rebalancing ist von der Grundlogik her antizyklisch und handelt gegen den Herdentrieb, während VAR-Modelle sehr prozyklisch sind. 

Das bedeutet: Diese bauen in ruhigen Zeiten mit niedriger Volatilität Aktien auf und in volatilen Crash-Szenarien Aktien ab. Das Problem ist, dass dies erst dann passieren kann, wenn der Crash bereits eingetreten ist. Dies führt dazu, dass VAR-Ansätze tendenziell mit einer zu hohen Aktienquote in einen Crash hinein laufen und beim Aufschwung dann zu gering in Aktien investiert sind. Dies kann zu enormen Unterschieden in der Performance führen, wie der direkte Vergleich mit Anbietern zeigt, die auf VAR-Modelle setzen. 

In diversen Echtgeldtests konnte man in der Corona-Krise sehr gut nachvollziehen, dass der VAR-Ansatz prozyklisch handelte und damit zu einer deutlich niedrigeren Rendite führte. Insgesamt konnten wir seit 2016 dank unseres wissenschaftlichen Investmentansatzes nach Kosten bis zu 60% Performance erzielen, was einer jährlichen Rendite von ca. 8% entspricht.

Wie reagiert euer Risikomanagement auf Marktschwankungen, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben? Konntet ihr Vergleichsindizes wie z.B. den MSCI-World schlagen?

Unser Algorithmus agiert nicht bei jedem kleinen Ausschlag am Markt. Da die Portfolios innerhalb gewisser Schwellen atmen dürfen, werden kurzfristige Schwankungen akzeptiert. Solche täglichen Schwankungen sind normal und gleichen sich häufig innerhalb weniger Tage wieder aus. 

Auch würde es sich aus Kostengründen nicht lohnen, sofort auf jede Schwankung zu reagieren, denn dadurch würden unter Umständen Kapitalerträge realisiert und Transaktionskosten entstehen. Wissenschaftliche Studien u.a. des norwegischen Staatsfonds haben gezeigt, dass ein Schwellen-basierter Ansatz langfristig zu einer höheren Rendite und geringerer Volatilität führt.

Wie schätzt ihr aktuell die Stimmungslage bei Anlegern ein? Wie hat sich eure Kundenbasis in den vergangenen Krisenjahren entwickelt?

Wir schätzen die aktuelle Stimmungslage bei Anlegern zurzeit steigend positiv ein. Das spiegelt sich sowohl in den aktuellen Börsenkursen, als auch in der steigenden Nachfrage von Interessenten bei uns wider.

Wobei wir als digitaler Vermögensmanager an dieser Stelle gerne darauf hinweisen, dass unsere Anlagestrategien “langfristig”, d.h. auf 8 und mehr Jahre angelegt sind, sodass selbst scheinbar längere Krisenzeiten nur teilweise auf den Erfolg unserer Kunden einwirken.

Sowohl unsere Kundenbasis, als auch unsere verwalteten Kundengelder haben sich in den vergangenen drei Jahren sehr positiv entwickelt. In Summer kann man sagen, dass sich beides seit Anfang 2020 verdreifacht hat.

Viele Menschen – gerade erfahrene Anleger – behaupten, dass Robo-Advisor zu teuer sind. Die meisten Strategien könne jeder mit ein paar ETF-Käufen umsetzen. Wie steht ihr zu dieser Kritik?

Wir respektieren natürlich jede individuelle Meinung und Einschätzung. Aber im Grunde ist ja nicht das einmalige Abbilden einer Anlagestrategie die Kunst. 

Wer in der Lage ist:

  1. sein Risikoprofil selbständig zu ermitteln,
  2. darauf aufbauend ein professionelles, langfristiges Anlageportfolio nach wissenschaftlich fundierter Auswahl zu erstellen,
  3. dann die dazu passenden ETFs zu selektieren und das ist jetzt entscheidend –
  4. dieses Portfolio bei relevanten Marktveränderungen kontinuierlich durch Käufe und Verkäufe wieder anzupassen (Risikomanagement)

den können wir wirklich beglückwünschen. 

Für alle anderen, die dazu vielleicht wegen fehlender Expertise oder fehlender Zeit nicht in der Lage sind, sollten aus unserer Sicht definitiv nicht darauf verzichten, ihre finanziellen Ziele im Leben zu erreichen. 

Ob aus deren Sicht 0,75% für ein Vermögensmanagement wirklich ein relevanter Kostenpunkt sind, wo schon der Ausgabeaufschlag bei vielen aktiv gemanagten Fonds oftmals 5% oder mehr beträgt, mag jeder für sich selbst entscheiden.

Vielen Dank für das Interview und die umfangreichen Antworten, Lars! 👋

Über den Autor
Carlos

Co-Founder von Finantio

Carlos arbeitete nach seinem Wirtschaftsstudium in Frankfurt in der Strategieberatung und bei verschiedenen Fintechs im Marketing & als Produktmanager. Dort sammelte er Erfahrung in der Finanzwelt, die er heute bei Finantio teilt.

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