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Smart Beta ETF: Lohnt sich der Rendite-Boost?

Für viele reicht ein klassisches Depot mit einem weltweiten und passiven ETF-Ansatz. Doch gibt es auch eine Vielzahl von Anlegern, die auch aktiver handeln wollen und zum Beispiel Anhänger der Core-Satellite-Strategie sind.

Für diese Anleger sind Smart Beta ETF eine sehr interessante Beimischung zum weltweiten Kern und ich zeige dir, wie sie funktionieren.

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Definition: Was ist ein Smart Beta ETF?

Smart Beta ETFs oder auch Faktor ETFs sind grundsätzlich normale ETFs, die jedoch die Grundsätze der passiven und aktiven Anlageform vereinen. 

Anstatt einen ETF wie den MSCI World marktneutral abzubilden, folgen Smart Beta ETFs einer anderen Strategie. Die Zusammenstellung erfolgt mit Hinblick auf sogenannte Faktorprämien. 

Das bedeutet, dass der Index aktiv in Richtung des gewählten Faktors ausgerichtet wird. Faktorprämien selbst sind wissenschaftlich nachgewiesene objektive Merkmale, die durch ein geändertes Rendite-Risiko-Profil eines Index auftreten. Manche Anleger nennen sie auch Rendite-Risiko-Treiber. 

Damit ein Marktgeschehen als Faktorprämie eingestuft wird, müssen jedoch zunächst einige Kriterien erfüllt werden. So muss eine Faktorprämie langfristig von verschiedenen Wissenschaftlern erforscht, dokumentiert und bestätigt worden sein. 

Zudem darf eine solche Prämie nicht nur in bestimmten Märkten auftreten, sondern sie muss flächendeckend nachgewiesen werden können. 

Durch einen Smart Beta ETF soll also eine bestimmte Marktbesonderheit im eigenen Depot übergewichtet werden, sodass die Rendite durch das hierdurch veränderte Risikoverhältnis langfristig erhöht wird. 

Weshalb diese Faktorprämien funktionieren, ist immer anhand des bestimmten Faktors zu erklären und kann nicht generell auf alle Faktoren übersetzt werden.

Smart Beta ETF: Auswahlfaktoren nach French und Fama

Den Grundstein für Smart Beta ETFs haben die zwei bekannten Finanzwissenschaftler Eugene Fama und Kenneth French mit ihrem Drei-Faktoren-Modell gelegt. French und Fama haben dieses Modell aufgelegt, um zu erklären, weshalb manche Aktien besser abschneiden könnten als andere. 

Für sie waren die Faktoren Marktkapitalisierung, Value und Momentum die Faktoren, mit denen sie das Phänomen der Überrendite erklären wollten. 

Die Aufleger von Smart Beta ETFs bzw. Indizes haben sich das Modell der beiden Wissenschaftler zu Nutzen gemacht und so ETFs geschaffen, die eine bessere Performance als traditionellen ETFs erzielen sollen. 

Im folgenden Abschnitt werde ich dir die wichtigsten Smart Beta Faktoren vorstellen und zeige dir, wie genau sie sich auf die Rendite deines Portfolios auswirken.

Small Cap Faktor: Kleine Unternehmen wachsen schneller

Beim Small Cap Faktor oder auch Small Size Faktor werden Nebenwerte bzw. kleinere Unternehmen, sogenannte Small Caps, im Depot übergewichtet. Small Caps sind jedoch nicht mit kleinen Hinterhofwerkstätten zu vergleichen, sondern sind Unternehmen, die einen Börsenwert von über 100 Millionen Euro besitzen. 

Zudem tummelt sich eine viel größere Anzahl von Small Caps auf den Märkten als beispielsweise von den bekannten Large Caps, zu denen Unternehmen wie Apple, Microsoft oder SAP zählen. 

Der Index-Hersteller MSCI hat herausgestellt, dass die vielen Small Cap Unternehmen immerhin 14 Prozent des gesamten Marktvolumens ausmachen.

Wenn man den marktneutralen MSCI World anschaut, stellt man schnell fest, dass keine Small Caps im Index enthalten sind, sondern lediglich die großen Large Caps und Mid Caps. 

So darf man durchaus davon sprechen, dass man im eigenen Depot sogar aktiv gegen solche Unternehmen wettet, wenn man keinen entsprechenden Small Cap ETF zusätzlich auswählt. 

Um jedoch den Small Cap Faktor zu nutzen, reicht es nicht aus, das Depot so aufzustellen, dass die Small Caps nun 14 Prozent im Depot einnehmen. Um Small Size Factor Investing zu betreiben, muss man vielmehr die Small Caps im Vergleich zur marktneutralen Einteilung höher gewichten.

Doch weshalb verspricht man sich bei Small Caps eine höhere Rendite als bei einem marktneutralen ETF? Ein Aspekt ist ganz klar das verschobene Rendite-Risiko-Verhältnis. 

Denn es ist wahrscheinlicher, dass kleinere Unternehmen Schiffbruch erleiden, als beispielsweise Apple oder Adidas. Aber anders als Apple und Adidas, stehen sie noch vor ihrem vermeintlich großen Durchbruch und können so noch einen schnellen und starken Wertzuwachs generieren. 

Die Theorie besagt somit, dass man durch das erhöhte Risiko langfristig mit einer Mehrrendite belohnt wird.

ETF WKN TER
iShares MSCI World Small Cap ETF A2DWBY 0,35 %
SPDR Russell 2000 US Small Cap ETF A1XFN1 0,30 %
Xtrackers MSCI Europe Small Cap ETF DBX1AU 0,30 %

Value Faktor: Fokus auf unterbewertete Unternehmen

Es gibt verschiedene Ansätze, wie man den Value Faktor definiert. Hier soll es um den wissenschaftlichen Value-Begriff gehen, der maßgeblich von den bereits genannten Wirtschaftsnobelpreisträgern Eugene Fama und Ken French geprägt wurde. 

Die im Index enthaltenen Value Aktien sind aus Sicht ihrer wirtschaftlichen Bilanzen „günstig“ bewertet. Hierbei geht es weniger um vergangene Kursentwicklungen, als vielmehr um den Kurs zum Status Quo, der im Vergleich zu den Kennzahlen des Unternehmens günstig erscheint.

Das Gegenteil von diesen Value Unternehmen sind die oft bekannteren Wachstumsunternehmen (Growth). Diese Growth Aktien findet man oft in Aktienjournalen, wenn man über die nächsten Börsen-Stars spekuliert. 

Value Unternehmen spielen in solchen Vorstellungen meist keine so große Rolle. Sie wirken oft nicht besonders attraktiv, da sie überwiegend in Branchen arbeiten, die eher altmodisch und bieder wirken. 

Beispielsweise findet man unter den Value Titeln vermehrt Bank- oder Infrastrukturunternehmen und weniger Unternehmen als z.B. Amazon, PayPal und Co.

Über den genauen Grund dieses Faktors streiten sich die Gelehrten. Es dürfte sich wohl um eine Mischung aus Risiko und Marktirrationalität hinsichtlich des aktuellen Kurses handeln.

ETF WKN TER
iShares Edge MSCI World Value Factor ETF A12ATG 0,30 %
iShares Edge MSCI Europe Value Factor A12DPP 0,25 %
SPDR MSCI USA Value ETF A12HU4 0,20 %

Momentum Faktor: Aktien mit starker Performance

Den Momentum Faktor kann man für einen schnellen Überblick sehr gut mit Sportphrasen erklären. So hat man sicherlich schon die Sätze „Never change a winning team“ oder „wenn’s läuft, dann läuft’s“ gehört. 

So hat der Trainer beispielsweise keinen Grund seine siegreiche Mannschaft zu ändern und kann mit ihr bis zur Meisterschaft stürmen. Ähnlich verhält es sich mit Momentum Indizes. 

Denn fachlich gesprochen ist das Momentum bei Aktien die Tendenz, die vergangene positive Entwicklung des Kurses für die nächsten rund 12 Monate fortzusetzen. 

Doch so wie eine siegreiche Mannschaft auch einmal satt werden kann und in der nächsten Saison plötzlich in Abstiegsnöte gerät, so ist auch die Tendenz bei solchen Momentum Aktien, dass nach einer gewissen Zeit das Momentum aufhört und sich in das Gegenteil kehrt.

Daher obliegt es dem Index-Hersteller, den Index regelmäßig mit neuen Momentum Aktien zu füttern und die Stars von gestern auszusortieren, damit der Anleger weiter von dem Momentum Faktor profitieren kann. 

Hier versteckt sich jedoch auch ein kleiner Nachteil. Durch diese Umwälzungen innerhalb des Index entstehen erhöhte Transaktionskosten für den ETF-Anbieter. 

Diese reicht er meist an die Anleger weiter, was in einer höheren jährlichen Gesamtkostenquote resultiert. Somit kann sich der Faktor schon durch diese erhöhte Gesamtkostenquote etwas relativieren.

Zudem könnte die Erklärung für die Momentum-Prämie einige Anleger abschrecken. Denn die Wissenschaftler einigten sich auf die Anlegerirrationalität als Grund für die bessere Performance der Momentum Indizes. Somit liegt es rein im irrationalen Verhalten der Anleger, ob die Strategie aufgeht. 

Dass der Momentum Faktor funktioniert, belegen zwar zahlreiche langfristige Studien, doch kann die Erklärung risikoaverse Anleger abschrecken.

ETF WKN TER
iShares Edge MSCI World Momentum Factor UCITS ETF A12ATF 0,30 %
iShares Edge MSCI Europe Momentum Factor ETF A12DPN 0,25 %
iShares Edge MSCI USA Momentum Facotr ETF A2AP36 0,20 %

Weitere beliebte Smart Beta Strategien

Die Anzahl an Smart Beta Strategien ist vielfältig, weshalb wir uns oben auf die wichtigsten Modelle beschränkt haben. 

Dennoch möchte ich dir eine kleine Übersicht über weiter Smart Beta ETF Strategien vorstellen, damit du sie im Rahmen deiner ETF-Auswahl berücksichtigen kannst. 

Es existiere zu jeder Strategie zwar wissenschaftliche Tendenzen aber langfristig noch keine empirischen Daten, die bestätigen, dass du mit einem Smart Beta ETF den Markt schlagen kannst.

Ein Low Volatility ETF setzt sich üblicherweise aus Unternehmen zusammen, die in der Vergangenheit eine eher geringe Volatilität (geringe Kursschwankung) aufwiesen. Dies sind vor allem Unternehmen, die eine stabile Ertrags- und Wachstumshistorie aufweisen.

Ein Vorteil eines Low Volatility ETF ist, dass durch die geringe Kursschwankung auch das mögliche Risiko eines schnellen Kursverlustes eher gering ausfällt. Der Nachteil ist damit auch schnell erklärt. Oft ist mit solchen ETFs eine kometenhafte Vermehrung des eigenen Geldes ausgeschlossen.

Dividenden ETFs erfreuen sich einer immer höheren Beliebtheit. Die Anleger erhoffen sich durch das Investment eine regelmäßige und passive Einkommensquelle. Spezielle Dividenden ETFs investieren hierfür in Unternehmen, die eine hohe Dividendenrendite aufweisen und ihre Dividenden verlässlich an die Aktionäre ausschütten.

Den Vorteil habe ich bereits genannt. Dividenden ETFs bieten einen diversifizierten Ansatz, um in verschiedene Unternehmen zu investieren und um so eine regelmäßige Einnahmequelle zu generieren. Der Nachteil bei der Strategie ist, dass Unternehmen mit einer hohen Dividendenrendite meist keine überdurchschnittliche Kursrendite versprechen.

Equal Weight ETFs setzen darauf, dass alle enthaltenen Unternehmen, anders als herkömmliche ETFs, die eine Gewichtung nach Marktkapitalisierung anstreben, die gleiche Gewichtung im ETF besitzen.

Der Vorteil eines solchen ETFs ist, dass dieser potenziell eine höhere Rendite versprechen könnte. Da jedes Unternehmen im ETF die gleiche Gewichtung aufweist, können kleinere Unternehmen, die in herkömmlichen ETFs keine sonderliche Auswirkung auf die ETF Rendite haben, einen höheren Einfluss nehmen.

Im Umkehrschluss kann sich dies jedoch auch als Nachteil erweisen, weil es meist gute Gründe gibt, weshalb Unternehmen eine höhere Marktkapitalisierung in den letzten Jahren aufbauen konnten als andere Unternehmen.

Die 5 beliebtesten Smart Beta ETF nach Fondsvolumen(Stand: April 2023)

Smart Beta ETFs sind schon längst keine Nischenerscheinung mehr. Um dies zu verdeutlichen habe ich für dich die 5 beliebtesten Smart Beta ETF nach ihrem Fondsvolumen herausgesucht:

ETF WKN Fondsvolumen (Mio. €)
iShares Edge MSCI World Value Factor ETF A12ATG 3.655
iShares Edge MSCI Europe Value Factor ETF A12DPP 2.835
iShares Edge MSCI World Minimum Volatility ETF A1J781 2.746
Xtrackers S6P 500 Equal Weight ETF A1106A 2.649
iShares MSCI World Small Cap ETF A2DWBY 2.502

Das Fondsvolumen ist beeindruckend. Die Daten haben wir auf dem ETF-Portal extraETF gefunden. Wir werden sie laufend (monatlich) anpassen.

Selbst einige MSCI-World-ETF oder beliebte Themen-ETFs auf Nachhaltigkeit oder künstlicher Intelligenz (KI) weisen ein niedrigeres Fondsvolumen auf als die oben genannten Smart Beta ETFs.

Als Beimischung in einem breit diversifizierten Anlageportfolio ist ein Smart Beta ETF keine schlechte Wahl. Die zusätzlichen Renditebausteine sorgen dafür, dass du mehr Wachstumschancen nutzt, ohne dein Gesamtrisiko zu überziehen. Notwendig sind diese ETF-Typen zum langfristigen Vermögensaufbau nicht.

Insgesamt müssen wir dich dennoch vor einer hohen Gewichtung von Smart Beta ETF warnen. Viele Anleger unterschätzen die inhärenten Risiken und kommen mit der erhöhten Volatilität nicht zurecht, die insbesondere bei Momentum-ETFs vorliegt.

Wie immer gilt: Die Menge ist entscheidend.

Chancen und Risiken von Smart Beta Strategien

Damit du in den ganzen Informationen nicht den Überblick verlierst, fasse ich dir noch einmal schnell die wichtigsten Punkte zu Chancen und Risiken von Smart Beta Strategien zusammen:

Chancen von Smart Beta ETF im Überblick

  • Potenziell höhere Renditen als herkömmliche Anlagestrategien
  • Gezielte Risiko- und Renditesteuerung
  • Diversifikation und Portfoliobalance
  • Flexibilität und Anpassungmöglichkeit an verschiedene Marktzeiten
  • Transparente und verständliche Strategien

Beachte diese Risiken beim Kauf von ETFs

  • Potenzielle Unterperformance
  • Management der Komplexität der Portfoliostruktur
  • Falsche Einschätzung des Marktumfelds und Fehlanpassung der Strategie
  • Hohes Klumpenrisiko
  • Minderrendite durch erhöhte Kosten

Fazit: Privatanleger sollten weiterhin auf Standard ETFs setzen

Du musst jetzt sicherlich nicht zu deinem Handy greifen und sofort nach Smart Beta ETFs suchen. Aber gerade die vorgestellten Faktoren sind bereits lange am Markt etabliert. So könntest du mit solchen ETFs deine Rendite etwas erhöhen. 

Doch selbstverständlich funktionieren solche Prämien nicht in jeder Marktphase. Denn gerade die Momentum-ETFs könnten stark schwächeln, wenn sich der allgemeine Markt nach unten dreht. 

Denn die „Hype“-Aktien verlieren meist am schnellsten. In diesen Phasen sind dann oft die Value-Aktien stabiler und können so dein Depot stützen.

FAQ

Ein Smart Beta ETF ist ein börsengehandelter Fonds, der ein passives Anlageportfolio verwendet, das auf Basis von Faktoren wie Dividendenrendite, Volatilität oder Wachstum ausgewählt wird, um eine höhere Rendite zu erzielen als ein traditioneller passiver ETF, der einfach nur einen bestimmten Marktindex nachbildet.

Eine Faktorprämie bezieht sich auf die Überrendite, die ein Anleger erzielen kann, indem er in Wertpapiere investiert, die bestimmte Faktoren aufweisen, wie beispielsweise eine höhere Dividendenrendite, niedrigere Volatilität oder höheres Wachstum im Vergleich zum Gesamtmarkt. 

Diese Faktoren werden oft als „Faktorprämien“ bezeichnet, da sie eine Prämie auf die Rendite bieten können, die über die Rendite des Gesamtmarkts hinausgeht.

Smart Beta und Factor Investing sind ähnliche Konzepte, aber es gibt einen Unterschied in ihrer Anwendungsweise.

Smart Beta bezieht sich auf die Anwendung von Faktoren auf das Portfoliomanagement, um eine höhere Rendite als der Gesamtmarkt zu erzielen, wobei passive Anlagestrategien und ETFs eingesetzt werden.

Factor Investing hingegen bezieht sich auf die systematische Anlage in spezifische Faktoren, die historisch eine höhere Rendite als der Gesamtmarkt erzielt haben. Diese Anlagestrategie kann aktiv oder passiv umgesetzt werden und kann sowohl für Aktien- als auch für Anleihenportfolios verwendet werden.

Kurz gesagt, Smart Beta ist eine Anlagestrategie, die auf Faktoren basiert und passive Anlageprodukte verwendet, während Factor Investing eine Anlagestrategie ist, die systematisch in Faktoren investiert, um eine höhere Rendite zu erzielen, und sowohl aktive als auch passive Anlageprodukte nutzen kann.

Über den Autor
Max

Co-Founder von Finantio

Max ist Rechtsanwalt und Datenschutzexperte bei McDonald’s Deutschland. Außerdem ist er als Wirtschaftsautor bei extraETF aktiv und teilt auf seinem Instagram-Account Maxximieren wertvollen Finanz-Content mit seiner Community.

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